Öffentliche Verwaltung agiler als Unternehmen

Kleiner Hinweis: hier gibt es ein wenig Fachjargon aus dem Konzern- und Verwaltungsbereich, wie zum Beispiel “agile Arbeit”, was hier nicht weiter erklärt wird.

In einem Unternehmen, für das ich ehemals tätig war, gab es das volle Programm: regelmäßige Umstrukturierungen, alle Teams sollten “agil” arbeiten und  zahlreiche Coaches und Unternehmensberater wurden für den “Change” angeheuert. Veränderung mit aller Gewalt. Die Intention dahinter: immer schneller immer mehr Umsatz und Wachstum.

Die Folge?
Tägliche Diskussionen, wie man “agil” arbeitet, was die richtigen “Visionen” seien. Ständig neue Tools, Listen, KPI’s, ein Workshop und Meeting jagte das nächste. Das alles sollte angeblich der Transparenz und Innovation dienen. Letztendlich führte es nur zu Power-Point-Karaoke. Statt Übernahme von Verantwortung und Treffen klarer Entscheidungen waren subtile Machtkämpfe, Geheimniskrämerei und Selbstdarstellung an der Tagesordnung. Konkrete operative Ergebnisse? Nach zwei Jahren, in denen ich das miterlebte, so gut wie keine. Trotz immens hohem Aufwand an Zeit und Geld.

Im Gegensatz dazu die Arbeit in der öffentlichen Verwaltung, wie ich sie in meinem Umfeld kennen gelernt habe. Das heißt natürlich nicht, dass das überall zutrifft:
Projekte werden nach und nach entwickelt. Man spricht nicht von “agil”, aber wenn sich Gegebenheiten ändern, bespricht man das Ganze und bei Bedarf passt man auch nochmal Anforderungen an. Oder man organisiert trotz formaler Strukturen die Arbeitsweise und Zusammenarbeit, wie es gerade nötig ist, um etwas erfolgreich zu erledigen. Direkter Austausch zwischen den Bereichen funktioniert, sogar ganz ohne “Open Space”. Und eine neue Erfahrung für mich: Projekte werden nicht plötzlich gekippt oder verlaufen im Sand, sondern werden tatsächlich abgeschlossen.
Klar, bei großen strategischen Entscheidungen kann es auch schon mal lange dauern, aber mir geht es hier um die tägliche Arbeit.

Wie kommt das?
Der Fokus liegt viel stärker bei der operativen Arbeit, den praktischen Abläufen. Es ist nicht alles (unbewusst) Mittel eines anderen Zwecks, zum Beispiel einer Umsatzsteigerung, Gewinnmaximierung oder Profilierung gegenüber Vorgesetzten und anderen “Stakeholdern”. Man will sich in erster Linie möglichst gut um die vorliegenden Aufgaben kümmern. Das schließt mit ein, dabei Neues auszuprobieren und Bestehendes weiter zu entwickeln.
Der Umgang miteinander ist dadurch ehrlicher und darauf bezogen, was gerade tatsächlich erledigt werden muss. Bei einem Projekt steht dessen Wirkung und Nutzen, oder anders gesagt das Ergebnis, die Wertschöpfung, im Vordergrund. Daran arbeitet man und hält nicht Meetings ab, um sich fiktive Geschichten zu erzählen, wie modern und revolutionär man sei oder sein wird.

Diesen Vergleich praktisch zu erleben war eine unglaublich lehrreiche Erfahrung.
Zu Beginn hatten mich das Marketing, die Geschichten und Versprechen bezüglich “New Work” auch erstmal beeindruckt. Durch die verschiedenen Erlebnisse verstehe ich jetzt: es sind gar nicht einzelne Methoden, die den Unterschid ausmachen. Enscheidend ist die Qualität der Beziehungen (womit nicht das Buzzword “Unternehmenskultur gemeint ist). Dann werden die eigentliche operative Arbeit und Prozesse direkt von den beteiligten Menschen vor Ort kontinuierlich weiter entwickelt.

Mir ist klar geworden: Hilfreiche und stabile Strukturen erwaschsen aus dem täglichen Umgang der Menschen miteinander und welche Intention dahinter steht. Das ist unabhängig von vielen Rahmenbedingungen, die so gerne ausschweifend in allen Details diskutiert und analysiert werden. Daher kann man das sogar in einem, auf den ersten Blick überaus konservativen Bereich finden.
Eien solche Sichtweise ermöglicht plötzlich Raum für ganz neue Ideen, erstaunlich einfache Möglichkeiten, was man ganz praktisch – ohne große Schulungen oder Coachings – jeden Tag machen und verändern kann. Die Wirkung entfaltet sich über die Zeit und hat eine völlig andere Qualität, als die üblichen Marketing-Versprechen. Dann probieren Menschen selbst neugierig Methoden aus, die passen und ihnen helfen, nicht anders herum. Oder traut man den “einfachen” Mitarbeitern das dann doch nicht wirklich zu, Verantwortung zu übernehmen und gute Ideen zu haben?

Als Frage zusammengefasst: Was ist deine vorrangige Intention, deine Absicht auf das Unternehmen oder dich persönlich bezogen? Wie wirkt sich das auf die Arbeitsweisen und den Umgang mit Kollegen, Mitarbeitern, Vorgesetzten oder Kunden aus?


Es gibt hier keine Kommentare, da ich meinen Fokus auf das Schreiben und nicht die Verwaltung einer Webseite lege. Gerne könnt ihr den Link zu dieser Seite in einer Netzwerk-Plattform eurer Wahl teilen und die dort vorhandenen Möglichkeiten zum Kommentieren und Diskutieren nutzen.

Scroll to Top