Selbstwert am Beispiel Musik

Es wird viel über “Selbstwert” und verwandte Themen diskutiert und wie wichtig das für psychische Gesundheit aber auch praktischen Erfolg ist. Oft gibt es aber nur sehr allgemeine oder abstrakte Definitionen und Beschreibungen, so dass es mir lange schwer viel, den Begriff überhaupt zu fassen. Das hier ist mein Versuch, es an einem persönlichen Beispiel einmal möglichst einfach und anschaulich zu machen:

Bei Musik habe ich dieses wahrhaft tiefe Vertrauen erlangt.
Ein Ergebnis jahrelanger unterschiedlicher Erfahrungen – positiv und negativ – was ich nicht allein durch einen Lehrer oder Kurs lernen kann.

Ein Gefühl, dass ich es immer wieder ganz gut hinkriegen kann.
Dass ich alles lernen kann, denn es hat ja auch schon oft geklappt.
Wobei Sprache manchmal etwas ungenau ist – mit ‘alles’ ist nämlich nicht ‘absolut alles’ gemeint, sondern: Ich weiß, was mich wirklich ehrlich interessiert, kann ich lernen. Das kann schwierig sein und länger dauern, vielleicht mehrere Monate. Oder ich schaffe es nicht komplett auf eigene Faust. Jede komplizierte Komposition einfach nach Gehör spielen oder akkurat alles raushören ist (mir) sicherlich nicht möglich. Aber ich weiß: ich kann Hilfe und Unterstützung finden, in Form von Lehrern, Austausch mit anderen (Hobby-)Musikern oder verschiedenen Materialien, wie Noten, Videos, etc. Ich vertraue nicht blind auf verlockende Angebote, man könne mit einer Methode alles perfekt lernen. Ich probiere spielerisch Werkzeuge aus, die mich interessieren und achte darauf, was es für mich bewirkt.

Werde ich es dann perfekt hinkriegen?
Eine komische Frage, was soll ‘perfekt’ überhaupt bedeuten?
Es zu Hause fehlerfrei durchspielen oder vor einem ausverkauften Haus aufführen und Applaus bekommen?
Wenn meine Musik jemandem gefällt, wenn ich dadurch anderen ein Geschenk machen konnte, freut mich das. Doch das ist nur ein Teil von vielen, nicht das ultimative Ziel. Musik ist für mich kein Mittel zum Zweck.

Ich bin mit Freude und Hingabe bei der Sache, weil ich die Musik und das Instrument liebe. So wird der Prozess an sich, die ersten tollpatschigen Versuche bis hin zum fehlerfreien auswendig spielen intensiv und lebendig.

Keine Frage, natürlich will ich es möglichst gut hinkriegen!
Ich mache es so gut, wie es mir im Moment eben möglich ist – und mit der Zeit werde ich es noch besser hinkriegen. Es hat kein Gewicht, wie andere meine Musik bewerten und was sie über mich denken. Wenn ich Lust dazu habe, kann ich voller Elan wild drauf losspielen, mit schrägen Tönen oder ungenauem Rhythmus.

Kommen während dem Üben Zweifel auf?
Selbstverständlich. Es gibt immer was, dass lange einfach nicht funktionieren will – und sich nicht gut anfühlt. Das ist ein kraftvoller Teil des Prozesses. Statt verbissener Anstrengung schenke ich mir auch mal eine Pause. Irgendwann klappt es schließlich doch. Jedes Mal wieder ein kleines Wunder, wie wir mit unserem Gehirn komplexeste Abläufe nach einiger Zeit plötzlich ganz leicht abrufen können!

Eine neue Musikrichtung oder mit einem neuen Instrument nochmal bei Null anfangen?
Sehr gerne, das schreckt mich nicht ab. Da ist eine unglaubliche Neugier und Vorfreude. Was ich wohl dadurch Neues lerne, wie sich das wohl auf das auswirkt, was ich schon kann und umgekehrt?

Ich bin nicht perfekt und werde es nie sein.
All meine Erfahrungen, Musikrichtungen und Instrumente, mit denen ich mich befasst habe, aber auch vieles andere fließt in meine Art zu spielen mit ein. Das macht meine Musik einzigartig und bereichert alles, was es schon gibt. Ich muss damit niemandem etwas beweisen.

Ich mag mich selbst und meine Musik – mit allem, was ich kann und all dem, was ich nicht kann. Alleine und gemeinsam mit anderen kann ich immer weiter lernen, ausprobieren und entdecken, wie es geht und was noch möglich ist. So wird es auch nie langweilig.

Und für das alles bin ich überaus dankbar.


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